Reiserecht – Ihre Ansprüche bei Pauschalreise, Flugverspätung und Reisemängeln durchsetzen



Reisen sollen Erholung bringen. In der Praxis entstehen jedoch häufig Konflikte, etwa durch Flugverspätungen, Annullierungen, verpasste Anschlussverbindungen, Gepäckprobleme, mangelhafte Unterkünfte oder Abweichungen von der gebuchten Pauschalreise. Im Reiserecht geht es dann nicht um „Kulanz“, sondern um konkrete, einklagbare Ansprüche. Wir beraten und vertreten Sie bei Hanke.Legal zielgerichtet, strukturiert und mit Blick auf eine schnelle und wirtschaftliche Lösung – außergerichtlich oder, wenn erforderlich, gerichtlich.

Als Kanzlei in Singen mit unmittelbarer Grenznähe zur Schweiz bearbeiten wir regelmäßig reiserechtliche Fälle mit internationalem Bezug, etwa bei Abflügen ab Zürich oder Basel, bei Reiseveranstaltern im EU-Ausland oder bei grenzüberschreitenden Reiseketten. Die rechtliche Einordnung hängt dabei oft entscheidend davon ab, ob es sich um eine Pauschalreise oder um Einzelleistungen handelt und welche Regelwerke (BGB, EU-Verordnungen, Montrealer Übereinkommen) im konkreten Fall greifen.



1. Pauschalreise und Reisemängel: Rechte nach dem BGB konsequent nutzen
Wenn Sie eine Pauschalreise gebucht haben, gelten die speziellen Schutzvorschriften der §§ 651a ff. BGB. Diese Regeln sind verbraucherschützend ausgestaltet und begrenzen auch vertragliche „Ausschlüsse“ durch AGB. Typische Streitpunkte sind Abweichungen bei Hotelstandard, Lage, Verpflegung, Lärm, Baustellen, Schimmel, Ungeziefer, fehlende zugesicherte Leistungen (z. B. Pool, Strandzugang, Klimaanlage) oder organisatorische Mängel bei Transfer und Reiseleitung.

Entscheidend ist, dass Reisemängel nicht nur „ärgerlich“ sind, sondern rechtlich Ansprüche auslösen können. Je nach Fallkonstellation kommen insbesondere Reisepreisminderung, Schadensersatz und – bei erheblichen Beeinträchtigungen – Kündigung beziehungsweise Abhilfeverlangen in Betracht. In der Praxis scheitern Ansprüche häufig nicht am materiellen Recht, sondern an der Beweisbarkeit und an der sauberen, zeitnahen Dokumentation (Fotos, Videos, Zeugen, schriftliche Mängelanzeige, Gesprächsnotizen, Reiseunterlagen). Wichtig ist außerdem die Verjährung: Ansprüche wegen Reisemängeln bei Pauschalreisen verjähren in zwei Jahren; die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Pauschalreise dem Vertrag nach enden sollte (§ 651j BGB). Auch der Insolvenzschutz des Reiseveranstalters ist im Pauschalreiserecht geregelt. Er soll sicherstellen, dass Kundengelder geschützt sind und gegebenenfalls Rückreiseleistungen organisiert werden.

2. Fluggastrechte: Ausgleichszahlung, Betreuungsleistungen und Erstattung – auch mit Schweiz-Bezug
Bei Flugproblemen ist die EU-Fluggastrechteverordnung (VO (EG) Nr. 261/2004) der zentrale Hebel. Sie regelt Mindestrechte bei Nichtbeförderung, Annullierung und großer Verspätung. Für Mandate in der Grenzregion ist besonders relevant, dass die EU-Regeln nach den offiziellen EU-Informationen auch für Flüge „zu und von“ der Schweiz gelten, sodass der Schweiz-Bezug häufig nicht zum „Rechtsverlust“ führt, sondern sauber subsumiert werden muss.

a) Ausgleichszahlung bei großer Verspätung und Annullierung
Die pauschale Ausgleichszahlung nach Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 beträgt – abhängig von der Flugdistanz – 250,00 €, 400,00 € oder 600,00 € pro Person. Die Rechtsprechung des EuGH stellt klar, dass eine Ausgleichszahlung grundsätzlich auch bei Verspätungen geschuldet sein kann, wenn der Zeitverlust am Endziel drei Stunden oder mehr beträgt (EuGH, Urt. v. 19.11.2009 – C-402/07 und C-432/07; bestätigt u. a. durch EuGH, Urt. v. 23.10.2012 – C-581/10 und C-629/10).

b) „Außergewöhnliche Umstände“ sind kein Freifahrtschein
Airlines berufen sich häufig auf „außergewöhnliche Umstände“, um Ausgleichszahlungen abzuwehren. Der EuGH hat jedoch präzisiert, dass technische Probleme im Normalbetrieb regelmäßig gerade nicht automatisch „außergewöhnlich“ sind, sofern sie der Sphäre des Luftfahrtunternehmens zuzurechnen sind (EuGH, Urt. v. 22.12.2008 – C-549/07, Wallentin-Hermann).

c) Anschlussflüge und Endziel: maßgeblich ist die Ankunft am finalen Ziel
Bei verpassten Anschlussverbindungen ist rechtlich entscheidend, wann Sie Ihr Endziel erreichen. Der Bundesgerichtshof hat die Linie bestätigt, dass der Zeitverlust am Endziel für den Ausgleichsanspruch zentral ist (BGH, Urt. v. 07.05.2013 – X ZR 127/11; Pressemitteilung Nr. 083/2013).

3. Gepäck, Gepäckverspätung und Schäden: Montrealer Übereinkommen und Haftungslimits
Wenn Gepäck verspätet ankommt, beschädigt wird oder verloren geht, greifen häufig Regeln des Montrealer Übereinkommens (MC99). Dieses sieht Haftungslimits vor, die turnusmäßig angepasst werden. Nach der ICAO-Mitteilung gelten seit dem 28. Dezember 2024 erhöhte Haftungshöchstgrenzen; für Gepäck beträgt das Limit nach Art. 22 Abs. 2 MC99 nun 1.519 Sonderziehungsrechte (SDR). Diese Haftungsarchitektur ist im konkreten Fall mit nationalen Regeln, Versicherungsbedingungen und Nachweisanforderungen zu verzahnen. In der Praxis entscheidet häufig die Qualität der Dokumentation (PIR-Protokoll, Quittungen, Inhalts- und Wertnachweise, Zeitpunkte der Meldung) darüber, ob eine Forderung vollständig durchgesetzt werden kann.

4. Bahn- und sonstige Fahrgastrechte: Entschädigung bei Verspätung
Auch Bahnreisen können erhebliche Folgekosten auslösen. Nach den Fahrgastrechten besteht bei Verspätungen am Zielbahnhof ab 60 Minuten regelmäßig ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 25 % des Fahrpreises, ab 120 Minuten regelmäßig in Höhe von 50 % des Fahrpreises. Hierzu kommen Ansprüche auf Information, Unterstützungsleistungen und gegebenenfalls Erstattungs- oder Umbuchungsrechte. Bei grenzüberschreitenden Bahnreisen prüfen wir zudem, welches Regelwerk im Einzelfall einschlägig ist und wie die Anspruchsdurchsetzung praktisch funktioniert.

5. Unsere Vorgehensweise: strukturiert, beweisorientiert, wirtschaftlich
Wir beginnen mit einer klaren Anspruchs- und Risikoprüfung anhand Ihrer Unterlagen (Buchungsbestätigungen, Zahlungsnachweise, Schriftverkehr, Belege, Fotos, Zeugen, Flug-/Zugdaten). Danach definieren wir die rechtlich und wirtschaftlich sinnvollste Strategie: außergerichtliche Geltendmachung mit Fristsetzung, Verhandlung über Vergleichslösungen oder – wenn erforderlich – konsequente gerichtliche Durchsetzung. Gerade Reiseanbieter arbeiten häufig mit standardisierten Ablehnungsschreiben. Unsere Erfahrung ist, dass eine juristisch saubere Anspruchsbegründung mit belastbarer Beweislage und klarer Fristenkontrolle die Erfolgsquote deutlich erhöht, weil sie den „Automatismus“ der Ablehnung durchbricht und den Fall verfahrensfest aufstellt.